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Montag, 19. Oktober 2009

Reviews aus der Umzugskiste - Teil 2: Indie. Pop. Singer/Songwriter

Und weiter geht´s im Umzugs-Review-Special: Heute unter dem Motto "Reviews aus der Umzugskiste, Teil 2: Indie. Pop. Singer/Songwriter".

Den Anfang macht Helgi Jonsson, der schon mit den ersten Takten seines Albums "For The Rest Of My Childhood" (Sevenahalf / Broken Silence) offene Türen einrennt. Denn der 30-jährige Isländer greift bei den zehn Songs ganz tief in die Gefühlsschublade - und das gelingt im ganz ohne Kitsch, überzogener Tragik oder Schwermütigkeit. Nein, Jonsson hat ein mindestens genauso melancholisches wie dennoch heimeliges Meisterwerk geschaffen - wobei ich wirklich nicht weiß, wie die Leute da oben im unterkühlten Island ticken, aber wenn Alben wie "For The Rest Of My Childhood" dabei herauskommen, kann es so schlecht da nicht sein. Oder man muss wissen, wie man damit umgeht. Und genau das macht Jonsson: Er komponiert Lyrics, Melodien und Gefühle zu einem packenden Soundtrack der bevorstehenden kalten Jahreszeit. Und warum nicht? Warum sollte er auch all die Emotionen mit sich herumschleppen wenn sie derartig liebevoll verpackt in zurückgefahrenem Sounds und betörender Instrumentierung verpackt der Welt mitteilt. Und sich wohl dabei selber kuriert. Und den Hörer ähnlich wie Damien Rice verzaubert.

Ähnlich gefühlvoll, aber dennoch komplett anders schaffen es I Might Be Wrong die stille Jahreszeit effektvoll zu begleiten. Anders als Jonsson bedient sich die Berliner Band auf "Circle The Yes" (Sinnbusrecords / Alive) aber auch elektronischer Hilfsmittel - und begeistert vor allem durch den spannungsgeladenen Sound und den bitterschönen Vocals von Sängerin Lisa von Billerbeck. Leise knisternd, langsam wabernd, mal tempoaufnehmend, mal ausbremsend: So spannt "Circle The Yes" einen sehnsuchtsgetriebenen aber niemals traurigen Bogen zwischen aufblitzender Spielfreude und zurückgezogener Melancholie. Und all das garniert mit unaufgeregten Vocals und gemäßigtem Elektronik-Einsatz. Einfach schön und genau das richtige für all die Wärmesuchenden - auf dem Sofa, unter der Decke, mit bollernder Heizung und bei schwerem Rotwein. Da wird sogar der nass-graue Herbst zur schönen Jahreszeit.

Die Kombination tragisch-schön umschreibt das Album von Port O´ Brien wohl am schnellsten. Aber welche Tragödie die Geschichte dieses Albums begleitet hat, vermögen wohl nur die wenigsten Bands zu verkraften und derart beeindruckend verarbeiten. Der Tod von Cambria Goodwin´s jüngerem Bruder hat "Threadbare" (City Slang) mitten im Aufnahmeprozess in ein Album in eigentlich zwei Thementeilen entwickeln lassen. Während die eine Hälfte der Songs in einer Art Homestudio entstanden und in ihrer fragilen Intimität geprägt sind von Trauer und der Suche nach Trost, kippt der Rest der Song über diese Kante und vermittelt in altbekannter typische Port O´ Brien-Art mit selig-beschwingten Hymnen und wohltuenden Tempo-Nummern Lebenslust und Optimismus. Ein vielschichtiges, emotionales und bei all der Tragik dennoch positives Album, das noch dazu in seiner Entstehung so traurig und im Ergebnis so wunderschön ist, dass man da gar nicht weiter drüber nachdenken mag. Bleibt nur zu hoffen, dass die Zeit - und Musik - alle Wunden heilt. Ein Album wie "Threadbare" ist sicherlich so ein Fall.

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